Cyber-Kriminalität
Die unsichtbare Gefahr: Angriffe mit Infrarot-Licht
Fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme sollen das Autofahren sicherer machen und Unfälle vermeiden helfen. Aber mit Hilfe von Infrarot-Lasertechnologie können Kriminelle in die Systeme eingreifen und ein Fahrzeug gefährden.
Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen im nächsten Jahrzehnt steigt. Diese Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) helfen bei Überwachungs-, Warn-, Brems- und Lenkaufgaben. Leider werden sie auch bei Cyberkriminellen auf Interesse stoßen, und die Akteure werden nach Möglichkeiten, sprich Sicherheitslücken, suchen, um diese Technologien auszunutzen, die ADAS für den Schutz von Fahrern und die Verringerung von Unfällen im Straßenverkehr so nützlich machen.
Wir beschreiben zwei Angriffsszenarien, die zeigen, wie die Infrarot (IR)-Lasertechnologie von böswilligen Akteuren ausgenutzt werden kann, um in ADAS-Systeme einzugreifen und ein Fahrzeug zu falschen oder gar gefährlichen Aktionen zu veranlassen.
Definition von ADAS
ADAS sind elektronische Systeme in einem Fahrzeug, die mit Hilfe von Kameras und anderen Sensoren den Fahrer beim sicheren Steuern unterstützen. Sie geben dem Fahrer Warnungen, betätigen automatisch die Bremsen oder passen die Geschwindigkeit an, um Unfälle zu vermeiden. Beispiele für ADAS-Komponenten sind Sensoren, die Objekte in der Umgebung des Fahrzeugs erkennen, Kameras, die die Sicht hinter dem Fahrzeug zeigen, und Warnungen vor dem Abweichen von der Fahrspur oder vor Fahrzeugen im toten Winkel des Fahrers. Insgesamt können ADAS dazu beitragen, das Autofahren sicherer zu machen und Unfälle zu vermeiden.
Kameras als essenzieller Teil
Kameras spielen bei ADAS eine wichtige Rolle, da sie eine Echtzeitansicht der Fahrzeugumgebung liefern. Sie nehmen Videobilder auf, die von der ADAS-Software analysiert werden, um Objekte wie andere Fahrzeuge, Fußgänger oder Hindernisse im Fahrbahnbereich zu erkennen. Viele Kameras, die in ADAS eingesetzt werden, sind so konzipiert, dass sie sowohl sichtbares als auch IR-Licht erfassen. Dadurch können sie die Wahrnehmung des Fahrzeugs auch bei schlechten Lichtverhältnissen verbessern.
Angriffsszenarien
Kameras in Fahrzeugen können zwar IR-Licht erkennen (das außerhalb des für Menschen sichtbaren Bereichs liegt), aber diese Fähigkeit könnte ebenso eine potenzielle Schwachstelle darstellen. Ein Angreifer ist in der Lage, den Sensor einer Kamera mit starker IR-Strahlung zu überfluten bis er nur noch unbrauchbare Bilder erzeugt, was die Kamera letztendlich unwirksam macht. Doch damit nicht genug. Ein Angreifer könnte auch IR-Licht auf ein Straßenschild projizieren und so das Wahrnehmungssystem veranlassen, das Schild falsch zu interpretieren.
Die Folgen dieser Art von Angriffen sind falsche oder sogar gefährliche Handlungen des Fahrzeugs. Im Allgemeinen zielen diese Angriffe eher auf autonome Fahrzeuge ab, die im Gegensatz zu von Menschen gesteuerten Fahrzeugen stark auf Wahrnehmungssysteme angewiesen sind.
Projizieren von IR-Licht auf Kameras
Auf der ACM Conference on Computer and Communications Security (CCS) 2021 führten die Forscher Wei Wang, Yao Yao, Xin Liu, Xiang Li, Pei Hao und Ting Zhu eine neuartige Angriffsmethode vor, die potenzielle Schwachstellen von Fahrzeugkameras offenlegt. Die in ihrer Untersuchung hervorgehobene Schwachstelle, bei der IR-Licht auf Kameras projiziert wird, betrifft verschiedene Arten autonomer Fahrzeuge, darunter auch Tesla, und kann mit IR-Licht mit einer Wellenlänge von 780 bis 850 Nanometern ausgenutzt werden. Diese von den Forschern als „I-Can-See-the-Light“ (ICSL)-Attacke bezeichnete Sicherheitslücke kann dazu verwendet werden, Verkehrssignale zu fälschen, die Wahrnehmung der Umgebung eines Fahrzeugs zu verändern oder sogar eine Kamera zu blenden.
Projizieren von IR-Licht auf Straßenschilder
Auf dem Symposium on Vehicle Security and Privacy (VehicleSec) 2023 präsentierten Forscher experimentelle Beweise dafür, dass die Projektion von IR-Licht auf Straßenschilder tatsächlich Fahrzeuge beeinflussen kann. Sie führten ihre Experimente mit einer Kamera und einem Projektor durch, um einen IR-Manipulationsangriff zu simulieren und fanden heraus, dass die Projektion von IR-Licht auf ein Straßenschild dazu führen kann, dass das Wahrnehmungssystem das Schild falsch interpretiert, was zu falschen oder potenziell gefährlichen Aktionen des Fahrzeugs führt.
Versteckte Risiken
Bei beiden Angriffsszenarien wird die Kamera des Fahrzeugs beeinträchtigt, unabhängig davon, ob der Angreifer IR-Licht direkt auf eine Kamera oder auf ein Straßenschild projiziert. Die Folge ist, dass das Fahrzeug seine Umgebung falsch einschätzt mit dem Risiko z. B. eines unerwarteten Anhaltens des Fahrzeugs, was zu Staus oder Unfällen führen kann. Darüber hinaus könnte ein Angreifer durch den Einsatz mehrerer IR-Lichtquellen auf der Straße gleichzeitig Fehler bei der Lokalisierung und Kartierung verursachen.
Angriffe wie die in diesem Artikel beschriebenen können die Sicherheit und Zuverlässigkeit von autonomen Fahrzeugen gefährden und machen deutlich, wie wichtig es ist, robuste Cybersicherheitsmaßnahmen zu deren Schutz einzuführen.