Im Zeitalter der vernetzten Fahrzeuge weiß Ihr Fahrzeug mehr über Sie, als Ihnen vielleicht bewusst ist, und weder Ihr Autohersteller noch Ihr Autohändler hat Ihnen dies gesagt. Moderne Fahrzeuge erzeugen, verbrauchen und übermitteln kontinuierlich große Datenmengen. Was bedeutet das für die Privatsphäre und Sicherheit des Fahrers?
Fahrzeuge sind mittlerweile sozusagen Smartphones auf Rädern, ausgestattet mit fortschrittlichen Sensoren, Kameras und Konnektivitätsfunktionen. Sie können mit anderen Fahrzeugen, der Infrastruktur und den Fahrzeugherstellern (OEMs) selbst kommunizieren. Jedes Mal, wenn ein Auto angelassen wird, beginnt es, Daten zu sammeln. Die Datenerfassung hört aber nicht auf, wenn der Motor abgestellt und die Türen verriegelt sind. Vom Fahrverhalten bis zur Leistung des Fahrzeugs - die gesammelten Daten sind umfangreich und vielfältig.
OEMs und deren Tier 1- und Tier 2-Zulieferer sammeln diese Kfz-Daten, um ihre Produkte zu optimieren, die Funktionalität und das Nutzererlebnis zu verbessern sowie neue Angebote zu entwickeln. Darüber hinaus aber haben diese Daten auch Potenzial, um gewinnbringend genutzt zu werden und neue Einnahmequellen für OEMs und Zulieferer zu schaffen. Es gibt sogar spezialisierte Datenmakler, die Daten von mehreren OEMs kaufen, sie anonymisieren, zusammenführen, mit eigenen APIs versehen und dann an jeden weiterverkaufen, der dafür bezahlt.
Das Erfassen und Nutzen dieser Informationen kann zu Problemen mit dem Datenschutz und der Sicherheit führen. Oftmals werden sie ohne das ausdrückliche Wissen der Fahrzeugnutzer erhoben. Dies wirft Zweifel hinsichtlich eines möglichen Missbrauchs auf, einschließlich Verstößen gegen nationale Datenschutzgesetze.
Es gibt mehrere Risiken, deren sich die Autofahrer möglicherweise nicht bewusst sind:
- Risiko der Überwachung. Kameras in den Fahrzeugen nehmen kontinuierlich Bilder von der Umgebung auf. Sie sollen die Sicherheit erhöhen, indem sie einen 360-Grad-Blick auf die Umgebung des Fahrzeugs ermöglichen. Wenn jedoch Unbefugte auf diese Bilder zugreifen, könnten sie zur Überwachung verwendet werden, wodurch die Privatsphäre und persönliche Sicherheit verletzt werden. So mag ein Hacker die Aktivitäten des Fahrers überwachen oder die Aufnahmen sogar für die Planung von Straftaten nutzen.
- Risiko für Privatsphäre der Familie. Der GPS-Tracker des Fahrzeugs kann Informationen über den Tagesablauf des Fahrers preisgeben, vom bevorzugten Supermarkt bis zur Uhrzeit, zu der er das Kind zur Schule bringt. In den falschen Händen stellen diese Daten ein erhebliches Risiko für die Privatsphäre seiner Familie dar. Ein Cyberkrimineller könnte anhand diese Daten (zu welchen Zeiten Sie nicht zu Hause sind, wo sich Ihr Arbeitsplatz befindet, welche Schule Ihre Kinder besuchen und welche anderen Orte Sie häufig aufsuchen) für seine illegalen Zwecke nutzen.
- Risiko eines höheren Versicherungsbeitrags. Datenmakler verkaufen Informationen über Fahrstil, z. B. Geschwindigkeit und Beschleunigung, und bevorzugten Straßen an Kfz-Versicherungsunternehmen. Diese könnten dann einen höheren Risikowert für den betroffenen Fahrer berechnen, und damit auch höhere Versicherungsprämien verlangen, und das auf der Grundlage von Daten, von denen Sie vielleicht nicht einmal wissen, dass sie gesammelt werden.
- Risiko, Opfer oder Mittäter einer Straftat zu werden. Wenn ein Dieb beispielsweise auf Daten über den Standort und den Status eines Fahrzeugs zugreifen kann, so passt das Fahrzeug möglicherweise in sein Konzept, um gestohlene Waren oder Drogen darin zu lagern, insbesondere wenn er weiß, dass der Fahrer abwesend ist. Unter Umständen könnte das Auto als „Kurier“ für Schmuggelware genutzt werden, wenn die Täter seine regelmäßige Route kennen.
- Risiko des Identitätsdiebstahls. Persönliche Daten wie Privat- und Arbeitsadresse sowie Orte, die der Fahrer häufig aufsucht, ließen sich von Identitätsdieben nutzen, um sich als dieser auszugeben oder Zugang zu anderen sensiblen Informationen zu erhalten. Auf diese Weise erhielte ein Krimineller beispielsweise Zugang zu Bankkonten, könnte Einkäufe in des Opfers Namen tätigen oder sogar Straftaten begehen.
Fazit
Der Komfort und die Innovationskraft, die datengesteuerte Fahrzeugfunktionen innewohnen, sind zwar unbestreitbar, aber sie sind auch mit erheblichen Problemen für den Datenschutz verbunden. Die von vernetzten Fahrzeugen gesammelten Daten zeichnen ein detailliertes Bild unseres Lebens, unserer täglichen Routinen bis hin zu unseren persönlichen Vorlieben, und diese Fülle an Informationen kann ernsthafte Auswirkungen auf unsere Privatsphäre haben. Selbst scheinbar harmlose Daten wie Klimaanlageneinstellungen oder Medienpräferenzen können in Kombination mit anderen Informationen Rückschlüsse auf den Lebensstil einer Person zulassen.
Infolge der Monetarisierung von Fahrzeugdaten werden diese zu einem attraktiven Ziel für Cyberkriminelle. Die Risiken reichen vom Tracking von Fahrzeugen bis hin zu Bedrohungen wie Hacking und Flottenübernahme. Ein unbefugter Zugriff auf die Benutzerkonten von Fahrzeugen könnte zu einem Diebstahl sowohl des Fahrzeugs als auch der darin enthaltenen Daten führen. Dies hätte finanzielle Verluste, eine Verletzung der Privatsphäre und sogar eine Bedrohung der persönlichen Sicherheit zur Folge.
Bei der Gestaltung vernetzter Fahrzeuge ist ein ausgewogener Ansatz erforderlich, der Innovationen fördert und gleichzeitig den Datenschutz und die Sicherheit gewährleistet. Die Beteiligten müssen proaktive Maßnahmen ergreifen, um einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten sicherzustellen und Systeme und Nutzer vor Missbrauch zu schützen. Gleichzeitig müssen die Aufsichtsbehörden Gesetze zum Schutz der Privatsphäre und des Datenschutzes entwickeln und durchsetzen.
Der erste Schritt für Autofahrer ist die Sensibilisierung für die Probleme. Es ist wichtig zu verstehen, welche Daten das Auto sammelt, wie sie verwendet und wie sie geschützt werden können. Es geht nicht nur darum, sicher auf der Straße zu fahren, sondern auch darum, sich im komplexen Gefüge des Datenschutzes zurechtzufinden -- niemand möchte Big Brother auf dem Beifahrersitz haben.
Weitere Informationen und Einsichten bietet das Whitepaper „Automotive Data: Opportunities, Monetization, and Cybersecurity Threats in the Connected Vehicle Landscape“ der Forscher von Trend Research.